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History Tour - Rennräder

Obwohl ich seit Mitter der ´80er Jahre Rennrad fahre, habe ich meine ersten Rahmen für Mountainbikes gebaut. Vor allem deswegen, weil dort die Federung riesiges Verbesserungspotential versprochen hat, ohne daß Rahmen erhältlich waren, die das ausnuzten. Mit meinen Rennrädern von Rossin und Gios dagegen war ich eigentlich immer sehr zufrieden.

Wenn man sich an die damaligen Diskussionen im Rahmenbau erinnert, ging es in erster Linie darum, einen Rahmen möglichst steif zu bauen. Die durch die fast ausschließliche Muffenbauweise vorgegebenen Rohrdurchmesser haben das bei großen Rahmenhöhen nicht ganz leicht gemacht. Zudem haben die damaligen Materialien nur den Bau vergleichsweise schwerer Rahmen erlaubt. Mit den heute erhältlichen Muffen und Rahmenrohren sieht das natürlich anders aus.

Nachdem ich 1992 mit dem Bau von Mountainbikerahmen begonnen hatte, war es natürlich nur eine Frage der Zeit bis zum ersten Rennradrahmen. Steifigkeit und Gewicht standen oben auf der Prioritätenliste. So entstand 1994 mein erster Rennrahmen. Die Rohrdurchmesser waren für damalige Verhältnisse bei Stahlrahmen groß, was gute Steifigkeit versprach. Das Gewicht hielt sich trotzdem in Grenzen, da ich die Rohre ohne Muffen stumpf mit sogenannten micro fillets verlötet habe. Wie immer bei mir sind die Ausfallenden aus Edelstahl. Die Optik ist natürlich Geschmackssache, aber mir gefällt der Rahmen nach wie vor sehr gut.

Zuerst war ich von der erhöhten Steifigkeit begeistert. Schnell gefahrene Kurven auf den manchmal nicht ganz ebenen kleinen Nebensträßchen des Münsterlandes waren plötzlich wie mit dem Zirkel gezogen zu fahren. Auch auf Abfahrten war der Steifigkeitsgewinn spürbar, ein Rahmenflattern konnte ich nicht mal mehr provozieren. Und bergauf, ich fahre oft im Wiegetritt und bin kein Leichtgewicht mit 61cm Rahmengröße, fuhr der Rahmen endlich mal wirklich geradeaus.

Und trotzdem war ich nicht zufrieden und ich habe etwas gebraucht, um herauszufinden, warum: Der Grund lag in den Teilen der Ausfahrten, die eben nicht aus kleinen Kurven, im Wiegetritt gefahrenen Anstiegen und steilen Abfahrten bestehen. Die Teile der Strecke, die unspektakulär sind, aber dann doch den größten Teil ausmachen. Dort wirkte das Rad leblos und hart. Auch der Komfort meiner italienischen Rennrahmen war verschwunden, den ich vorher nie richtig gespürt hatte, eben bis er nicht mehr da war. Ich fahre mit dem Rennrad gerne lange Strecken, da macht sich nach ein paar Stunden im Sattel ein gewisser Komfort bezahlt.

Rahmen wieder komfortabler zu machen, ist ja auch ein aktueller Trend im Rahmenbau. Viele der modernen Carbonrahmen sind mittlerweile unangenehm steif geworden. Deshalb sollen integrierte Sattelstützen für mehr Komfort sorgen, die allerdings einige Transportprobleme verursachen können.

Aufgrund meiner Erfahrungen habe ich 1995 angefangen, gefederte Rennräder zu bauen. Dadurch kann die Fahrpräzision eines steifen Rahmens mit fantastischem Komfort verknüpft werden, bei ruppigem Untergrund kommt noch eine bessere Bodenhaftung dazu. Das ist ideal für lange Strecken auch abseits perfekt asphaltierter Straßen, die es ja sowiso kaum gibt. Klar, ein halbstündiges Innenstadtkriterium, bei dem alle 100m eine Kurve kommt, aus der dann wieder stehend herausbeschleunigt wird, ist nicht der richtige Einsatzzweck. Ich habe die Vor- und Nachteile von gefederten Rennrädern auf einer eigenen Seite zu einem technischen Artikel LINK verarbeitet.

Hier ein gefedertes GEBLA von 1995. Der McPherson Hinterbau gibt dem Rad ein klassisches Aussehen und erlaubt rund 40mm Federweg. Der Rahmen ist aus endverstärkten Columbusrohren muffenlos gelötet, um das Gewicht gering zu halten. Die Rohrdurchmesser sind gegenüber den klassischen Durchmessern gemuffter Rahmen nur leicht vergrößert, um dem Rahmen eine gewisse Lebendigkeit zu erhalten.

Der Hinterbaudämpfer ist eine Eigenkonstruktion, um den besonderen Anforderungen gerecht zu werden. Um möglichst viel Federweg auszunutzen, ist die Kennlinie der rostfreien Feder besonders flach. Die Öldämpfung besitzt eine Stickstoffkammer und ist von ihrer Charakteristik her auf den Straßeneinsatz abgestimmt. Da die ganze Bremskraft auch auf den Dämpfer wirkt, ist dessen Lagerung entsprechend gestaltet.

Die Gabel ist eine modifizierte Manitou Mountainbikegabel mit einem auf 30mm reduzierten Federweg. Damals wie heute gibt es keine ausdrückliche Rennradfedergabel. Nur ein paar Jahre lang gab es von Rockshox die Ruby SL, die einzige Rennradfedergabel, die nennenswerte Stückzahlen erreichte und von der Technik als auch von der Optik her akzeptabel war. Eine Handvoll davon besitze ich noch als Neuware. Als einzige wirkliche Alternative zur Ruby SL sehe ich im Moment die Verwendung einer klassischen Stahlgabel an, die von Haus aus einen gewissen Komfort bietet. Das fährt sich kombiniert mit einer Hinterradfederung sehr gut und hat den Vorteil, daß es im Wiegetritt nicht zu spüren ist. Im Wiegetritt ist die Hinterradfederung im Grunde nicht zu spüren, so daß sich ein Rennrad nur mit Hinterradfederung bis auf den Komfort wie ein starres fährt.

Bei der Ausstattung des Rades sind noch die Schalter und Bremsen erwähnenswert. Die Schalter sind modifizierte Mavic MTB-Schalter, die in beide Richtungen das Schalten von mehreren Gängen erlaubten. Seit Anfang der ´90er konnte ich dadurch auf die Schalter am Unterrohr verzichten. Die Bremsen sind besonders kurze GEBLA Bremsen mit linearer Zugführung, heute von mehreren Anbietern als Mini-V-Brakes erhältlich und oft an Crossrahmen benutzt. Ich habe sie damals verwendet, weil die damaligen Rennradbremsen einfach noch nicht die Leistung hatten, die heutzutage üblich ist. Ich benutze gerne starke Bremsen, die mit wenig Handkraft auskommen. Dann hat man auch bei Regen mit kalten Händen keine Probleme.


Hier ein gefedertes Rennrad von 1997. Diesmal komplett aus Aluminium mit besonders steifem Hinterbau. Auch hier verwende ich wieder ein McPherson Federungssystem, der Hinterbau ist komplett kugelgelagert. Dieser Rahmen besitzt ein sogenanntes Horst-Link, um die Antriebseinflüsse noch weiter zu reduzieren. Mittlerweile bin ich allerdings dazu übergeganen, das Gelenk an den Ausfallenden durch flexible Sattelstreben zu ersetzen. Bei dem geringen Federweg sind die Antriebseinflüsse sowiso zu vernachlässigen und die geringe Winkeländerung von 4° können die Sattelstreben bequem ertragen. Worauf ich allerdings nicht verzichte ist das Hauptlager direkt am Tretlager. Es gibt einige Softtails, meist Mountainbikes, die auch das durch flexible Kettenstreben ersetzen. Dort haben sich aber Haltbarkeitsprobleme gezeigt und auch der dann virtuelle Drehpunkt ist für die Federung eher nachteilhaft, da er näher zum Hinterrad liegt. Deshalb lege ich die Kettenstreben bewußt steif und die Sattelstreben bewußt flexibel aus. Aus diesem Grund ist bei meinen Softtails die hintere Scheibenbrems auch an den Kettenstreben befestigt: Die Bremsleistung hängt stark von einer steifen Befestigung ab und auch die Neigung, Quietschgeräusche zu entwickeln, wird verringert. Zudem ist die Bremse dann optisch schöner in den Rahmen integriert.

Dieser Rahmen zeigt auch die einzige wirklich für Rennräder entwickelte Federgabel, die RockShox Ruby SL. Mangels Alternativen ist sie immer noch die beste Federgabel für Rennräder, leider aber kaum noch erhältlich. Wie schon weiter oben beschrieben ist die Hinterradfederung beim Rennrad wichtiger als eine Federgabel, so daß es durchaus Sinn machen kann, statt einer Federgabel eine komfortable starre Gabel einzubauen. Anders als ein Hinterbau bietet eine Gabel ja einen gewissen Komfort.


Hiermit möchte ich es bei der History Tour für Rennräder bewenden lassen, da ich leider keine weiteren Fotos habe. Außerdem sollte ein Rad schon 10 Jahre alt sein, um hier zu landen. :-)

 

 

 

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