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Kugellager - Gleitlager, was sind die Vor- und Nachteile

Meist fällt bei gefederten Rädern die Lagerung des Hinterbaus ja nur auf, wenn sie Probleme bereitet. :-) Und gottseidank ist das bei guten Rädern heutzutage relativ selten. Das war aber nicht immer so und ist bei manchen Rädern leider immer noch so. In Internetforen wird oft und gern über die sinnvollste Lagerung diskutiert, oft mit sehr viel Sachverstand. Dieser Sachverstand ist aber oft eher maschinenbauspezifisch und trifft auf Fahrräder nur bedingt zu. Warum, das möchte ich hier begründen...

Rollen oder Gleiten

Vorab die grundsätzliche Frage: Sind beim Hinterbau eines Fahrrades Wälzlager (zB. Kugellager) oder Gleitlager besser? Um Mißverständnissen vorzubeugen: Es geht hier nicht um sog. hydrodynamische Gleitlager, wie sie zB. ein Verbrennungsmotor verwendet, sondern um Gleitlager, wie sie bei Fahrrädern vorkommen.

Liest man in einem Buch für Konstrukteure des Maschinenbaus, findet man folgende Vor- und Nachteile:

Gleitlager:

-stoßunempfindlich

-kann hohe Lasten aufnehmen

-für niedrige Drehzahlen geeignet

-geringer Bauraum, geringes Gewicht

-hohe Reibung, vor allem auch beim Übergang zwischen Ruhe und Bewegung (Losbrechmoment)

-eine Verringerung des Lagerspiels erhöht die Reibung

Wälzlager:

-stoßempfindlich

-für höhere Drehzahlen geeignet

-niedrige Reibung, vor allem auch beim Übergang zwischen Ruhe und Bewegung (Losbrechmoment)

-spielfreie Lagerung bei geringer Reibung durch Anstellen möglich

Diese Vor- und Nachteile interessieren vielleicht den Konstrukteur, nicht aber unbedingt den Radfahrer. Woran ist aber der interessiert?

-Der Hinterbau darf kein Spiel haben. Klar, nichts ist nerviger als Klappern...

-Der Hinterbau muß auch auf kleine Unebenheiten gut ansprechen. Es muß also wenig Reibung da sein, am besten gar keine.

-Das Rad muß natürlich möglichst leicht sein.

-Er möchte sich möglichst nie um die Lagerung kümmern müssen.

Für den Radfahrer ist also wichtig, daß die Lagerstellen gut gedichtet sind, das betrifft alle Lager. Erfahrungsgemäß reicht bei Kugellager bei MTBs die normale Dichtscheibe nicht aus. Gleitlager haben von Haus aus in der Regel keine eigene Dichtung. In beiden Fällen muß der Konstrukteur also zusätzliche Dichtungen vorsehen. Nur dann ist gewährleistet, daß man sich wirklich lange nicht um die Lagerstellen kümmern muß.

Das geringe Gewicht versteht sich von selbst. Hier ist der Konstrukteur gefordert, das herauszuholen, was möglich ist. Die Grenzen setzt hier vor allem die Haltbarkeit: Ausreichende Dimensionierungen und gute Dichtungen erhöhen das Gewicht.

Das Ansprechverhalten wird vor allem durch geringe Reibung verbessert. Hier haben Wälzlager/Kugellager klare Vorteile. Das Losbrechmoment eines Gleitlagers ist rund einhundert mal so hoch wie bei einem Wälzlager.

Klappern und Spiel sprechen in jedem Fall für Wälzlager. Gleitlager lassen sich bei geringer Reibung im Grunde nicht spielfrei bauen. Spielfrei ist das Lager ja nur, wenn beide gegeneinander laufenden Durchmesser hundertprozentig gleich groß sind. Das ist technisch wegen Toleranzen aber nicht machbar, so daß entweder Spiel oder bei Vorspannung viel Reibung vorhanden ist. Kugellager hingegen lassen sich "anstellen". Das ist etwas, was man von vielen Fahrradteilen her (zB. Naben, Pedale, Tretlager, Steuersatz) her kennt: Durch Einstellen werden die Toleranzen ausgeglichen und es ist ohne starke Erhöhung der Reibung sogar ein Vorspannung möglich. Die Vorspannung ist etwas, was im klassischen Maschinenbau eher selten vorkommt, dort werden in der Regel die Lagerstellen in Fest- und Loslager aufgeteilt. Das hat aber immer Lagerspiel zur Folge, was aber zB. bei einer Lichtmaschine eines Autos akzeptabel ist. Ist dies aber nicht akzeptabel, wie zB. bei Radlagern von Autos oder Lagerungen von Werkzeugmaschinen, wird auch hier vorgespannt.

Für den Radfahrer spricht also einiges für Wälzlager, denn die laufen einfach leichter und sind wenigstens theoretisch spielfrei. Daß dies auch in der Praxis so ist, ist Aufgabe dessen, der die Lagerung für das Rad entwickelt.

Und der hat sich jetzt mit den Vor- und Nachteilen an sich herumzuschlagen:

-Niedrige Drehzahlen: Laut Handbuch des Maschinenbaus bieten Gleitlager hier Vorteile. Allerdings sind ausnahmslos alle Lagerstellen am Fahrrad für Maschinenbauer langsamdrehend. Sooo schnell drehen sich die Räder leider nicht...:-)

-Stoßbelastung: Hier haben Gleitlager klare Vorteile. Wälzlager müssen hier so gewählt werden, daß sie den Belastungen standhalten. Daß das geht, zeigen viele ausgeführte Lagerungen, die seit Jahren halten. Ein Steuersatz hat ähnliche Probleme, auch hier wird das schlechtere Verhalten bei Stoßbelastung für die wesentlich geringere Reibung in Kauf genommen.

-Gewicht und Bauraum sprechen deutlich für Gleitlager. Die sind bei gleicher Belastbarkeit einfach kleiner, was auch die umgebenden Teile zB. der Schwinge kleiner werden läßt. Gleitlager weisen in diesem Zusammenhang eine Besonderheit auf. Je höher sie belastet werden, je geringer ist die spezifische Reibung. Um eine geringe Reibung zu erreichen, wählt man also ein möglichst kleines Gleitlager. Wohin das führen kann, sah man am Beispiel AMP. Ein größeres Gleitlager mit höherer Haltbarkeit hat allerdings wieder mehr Reibung... ein unlösbares Dilemma. Bei Wälzlagern dagegen ist der Einfluß der Größe auf die spezifische Reibung äußerst gering.

Sind diese Probleme gelöst, hat sich der Konstrukteur noch mit der Haltbarkeit herumzuschlagen:

Viele Stellen am Fahrrad, vor allem beim MTB, sind vor allem durch Schmutz und Feuchtigkeit gefährdet. An den meisten Lagerstellen hat sich deswegen durchgesetzt, doppelt abzudichten. ZB. durch eine schleifende Gummilippe und ein Labyrinth oder wenigstens Spalt. Teilweise auch zwei schleifende Gummidichtungen. Die serienmäßigen Dichtscheiben bei Rillenkugellagern sind mindestens beim MTB nicht genug. Auch Gleitlager müssen gedichtet werden, um das Eindringen von Schmutz zu verhindern, am Besten doppelt. Die Empfehlung mancher Mountainbikehersteller, auf die Schmierung der Gleitlager zu verzichten, um nicht unnötig Schmutz anzuziehen, kann im Grunde nur ironisch gemeint sein. Spätestens bei einer Regenfahrt ist ein ungedichtetes Gleitlager innen geschmiert: Durch schmutziges Wasser, das in dem Spalt so lange verbleiben wird, bis es ausgetrocknet ist. Und das wird in den Wintermonaten im Zweifelsfall nie geschehen.

Ein weiterer unschöner Fallstrick ist die Lagerqualität. Bestenfalls die Qualität der schleifenden Dichtung kann bei Rillenkugellagern von außen grob beurteilt werden. Bei Lagern minderer Qualität ist teilweise sogar ein Spalt vorhanden, so daß Schmutz und Wasser fast ungehindert eindringen können. Gegen Qualitätsprobleme hilft meist nur der Einsatz von Lagern bekannt guter Hersteller, die natürlich erheblich teurer sind. Wieviel die Qualität der Lager ausmacht, ist oft in Foren nachzulesen, wo nach dem Austausch der Lager schon wenige Monate nach dem Erwerb zB einer Nabe die Austauschlager dann jahrelang laufen.

Wichtig bei Rillenkugellagern ist zudem die Fettfüllung. Gute Lager für den Einsatz beim Fahrrad haben eine sog. 100% Fettfüllung. Das heißt, daß der Zwischenraum zwischen den Kugeln und dem Käfig vollständig mit Fett gefüllt ist. Beim Fahrrad ist das sinnvoll, weil das Fett Schmutz und Feuchtigkeit aus dem Lager fernhält. Viele Lager für andere Anwendungen (und das ist die Regel) haben aus Temperaturgründen nur Fettfüllungen von zB. 15%. Das ist sinnvoll für den Einsatz in einer Lichtmaschine beim Auto, aber schlecht, verwendet man solche Lager im Fahrrad. Es kann sehr anstrengend sein, zu einem günstigen Preis Lager guter Qualität mit 100% Füllung mit einem für den Einsatzzweck guten Fett (auch da gibt es große Unterschiede) zu finden. Entsprechend häufig wird halt irgendwas anderes verbaut...

Fazit:

Es erfordert also einigen Aufwand, eine Lagerung so zu gestalten, daß wirklich das Beste dabei herauskommt. Daß sowohl Gleitlager als auch Wälzlager jahrelang halten können, zeigt die Praxis. Wichtig für beide Lagerarten sind sehr gute Dichtungen und geringe Fertigungstoleranzen. Und natürlich eine generelle Lagerkonstruktion, die die gewählten Lager richtig belastet. Nicht zuletzt auch Lager und Schmierstoffe von guter Qualität.

Fahrwerkstechnisch halte ich Wälzlager für besser, da sie einfach weniger Reibung besitzen. Und Reibung, gerade die Anfahrreibung bei geringsten Bewegungen, hat an einer Fahrradfederung nichts zu suchen. Für ein Ansprechen der Federung auch auf kleinste Hindernisse ist geringe Reibung im Hinterbau absolut notwendig. Und darauf, daß die Lager halten, gebe ich bei meinen Rahmen eine Garantie.

 

 

 

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